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Wasser in Bewegung - wie Meditation helfen kann, die tieferen inneren Strömungen zu entdecken

Wasser

Eine Aktivität, die etwas in Gang setzt

Wenn man einen Stein ins Wasser wirft, bilden sich Wellen, die sich langsam kreisförmig ausbreiten. Ein Stein, ein Wurf - viele Wellen.

Ein warmer Blick, ein Lächeln, eine sichere Umarmung. Ein Stirnrunzeln, eine wütende Stimme, jemand, der dich wegstößt. Die ersten Jahre im Leben eines Kindes haben Auswirkungen auf den Rest des Lebens.

Eine Kindheit mit einfühlsamen und sicheren Bezugspersonen wirkt sich günstiger aus als die Erziehung durch Erwachsene, die das Bedürfnis des Kindes nach Sicherheit und Fürsorge nicht ausreichend erfüllen.

Wenn wir meditieren, wird eine Entspannungsreaktion in Gang gesetzt. Dies geschieht ganz von selbst, ähnlich wie bei den Wellen im Wasser. Die Wiederholung des Meditationslauts kann etwas bewirken, das weit über die Entspannung im Hier und Jetzt hinausgeht, Wogen, die sich weiter ausbreiten.

Dieser Prozess ist offen; die Wellen haben ihre eigene Form. Einige von ihnen sind willkommen. Es fühlt sich gut an, sich zu entspannen, zur Ruhe zu kommen und mehr Energie und Inspiration zu haben. Andere Wellen können eher störend sein. Es kann zu Verspannungen im Nacken, unruhigen Beinen oder Druck in der Bauchgegend kommen. Etwas aus unruhigen Gewässern meldet sich zu Wort.

Ein Kind kann einen Schmerz aufgrund einer unangenehmen Erfahrung oft nur schwer aushalten. Es entwickelt Abwehrmechanismen, um sich davor zu schützen. Das Unbehagen wird aus dem Bewusstsein gedrängt, als würde es nicht existieren. Doch was wir verdrängt haben, lebt im Unbewussten weiter und äußert sich in Form von körperlichen Spannungen, bestimmen Reaktionsmustern und verzerrten Vorstellungen von der Welt und anderen Menschen. Wenn diese Art von Spannung in der Meditation aktualisiert wird, kann es schwierig sein, die unmittelbaren Auswirkungen zu akzeptieren.

Die schmerzende Schulter

Wir setzen uns hin, schließen die Augen und wiederholen den Meditationslaut so mühelos und frei wie möglich. Wir spüren, dass wir uns entspannen, und lassen uns in die Meditation fallen. Das fühlt sich oft gut an; wir sind im Flow - eine Auszeit, auf die wir uns schon lange gefreut haben.

Wir öffnen uns innerlich, sodass Gedanken, Gefühle, Impulse und Stimmungen näher an die Oberfläche kommen können, die wie eine Unterströmung beständig da sind. Wenn wir meditieren, begegnen wir dem Gedankenstrom mit mehr Freiheit und machen ihn so zugänglicher für uns.

Vielleicht tauchen Gedanken in uns auf, die sich mit dem Abendessen, einer Meinungsverschiedenheit mit einem Freund oder einer Situation auf Arbeit beschäftigen. Vielleicht steigen Traurigkeit, Erinnerungen an einen Ausflug in die Berge, das Verlangen, unseren Körper zu bewegen, oder ein Schmerz in der Schulter auf.

Der Schmerz in der Schulter! Ja, er taucht oft während der Meditation auf und wird meist als störend empfunden. Wir haben das Gefühl, dass er zu viel Raum einnimmt und uns daran hindert, den Laut so zu wiederholen, wie wir es wollen. Wenn nur der Schmerz nicht da wäre!

Der getarnte Schmerz

Der Schmerz ist eine Folge der Wiederholung des Meditationslauts mit einer freien inneren Haltung. Oft ist unser erster Impuls, ihn wegzuschieben. Wir wiederholen den Laut mit ein bisschen mehr Druck, vielleicht ohne es zu bemerken. Weg mit dem Schmerz! Weg mit den schlechten Gedanken! Weg mit dem Unbehagen! Nur dann können wir richtig meditieren, könnte man meinen.

Wenn wir regelmäßig meditieren, werden tiefere Prozesse in Gang gesetzt, oft ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Das, was in Gang gesetzt wird, kann sich als Unruhe, Unzufriedenheit, körperlicher Schmerz oder als Wunsch, die Meditation zu unterbrechen, äußern. Der Laut kann undeutlich werden, vielleicht ein wenig distanziert, und wir fragen uns, ob wir ihn richtig wiederholen.

Was in uns verdrängt und verborgen war, kommt näher an die Oberfläche, meistens nicht in Form von Erinnerungen oder Emotionen, sondern eher in verzerrter Form. Was einst überwältigend war und Verzweiflung oder Tränen mit sich brachte, kann sich in einen Schmerz in der Schulter verwandelt haben.

In solchen Phasen neigt auch unsere Wahrnehmung bezüglich der Lautwiederholung zu Verzerrungen.

Hier sind unbewusste Kräfte am Werk. Wir denken, wir wiederholen den Meditationslaut mit einer freien inneren Haltung, doch irgendetwas stimmt nicht. Vielleicht vergeht die Zeit langsam, vielleicht entspannen wir uns nicht mehr so gut wie früher, oder wir spüren mehr Widerstand. Mit der Zeit wollen wir uns vielleicht etwas mehr anstrengen, die Geschwindigkeit oder den Rhythmus des Lauts etwas mehr kontrollieren, oder wir versuchen, den Laut sehr deutlich zu wiederholen, um sicher zu sein, dass er auch wirklich da ist.

Diese "verdrehten" Effekte wirken sich sowohl auf den Inhalt als auch auf unsere Praxis aus.

Ein Teil von uns ergreift Partei für die Abwehrmechanismen, die uns einst vor dem Schmerz schützten. Wir konzentrieren uns dann, oft ohne uns dessen bewusst zu sein. „Ich wiederhole den Laut mit nur ein bisschen mehr Anstrengung, dann wird alles besser."

Es dauert oft eine Weile, bis wir verstehen, was da vor sich geht. Langmeditationen und Anleitungsgespräche können für diesen Prozess hilfreich sein.

Freie innere Haltung

Es kann einige Zeit dauern, bis man versteht, was sich hinter dem Schmerz verbirgt. Vielleicht hängt er mit der Angst vor zu viel Nähe zu anderen Menschen zusammen, vielleicht steckt hinter der schmerzenden Schulter Einsamkeit, und vielleicht hat das Unbehagen in der Magengrube mit Angst zu tun. Möglicherweise hängt der Wunsch nach Mehr mit der Sehnsucht zusammen, als Kind von einem Elternteil gesehen zu werden, das abwesend oder zu sehr mit sich selbst beschäftigt war.

Du musst die Ursprünge deiner Schwierigkeiten nicht verstehen. Es genügt, wenn du den Meditationslaut so mühelos und frei wie möglich wiederholst, und zwar im gegenwärtigen Augenblick. Hör genau hin und lass den Laut so sein, wie er ist, egal ob er klar, verschwommen, verzerrt, etwas seltsam ist oder immer wieder verschwindet.

Versuche, darauf zu vertrauen, dass der Meditationslaut gut genug ist. Wiederhole den Laut, wenn du dazu in der Lage bist. Hab Vertrauen in den Prozess!

Wiederhole den Laut mit einer freien inneren Haltung, hier und jetzt. In der Meditation bist du immer am richtigen Ort.

Dann spürst du die Auswirkungen - heute, in einer Woche, in einem Monat oder in einem halben Jahr: eine aufkeimende Gewissheit, dass dir das Meditieren guttut, das Gefühl, in Bewegung zu sein, die Freude, wenn du spürst, dass du mehr wagst und dadurch in einen besseren Kontakt mit deinen Gefühlen kommst, wenn es weniger Konflikte um dich herum gibt, oder wenn du dich traust, dich den Menschen, denen du nahestehst, mehr zu öffnen.

Wasser in Unruhe. Wachsen in Stille.

Von Ellen Gravklev

Ellen Gravklev ist leitende Beraterin an der Universität von Oslo und Meditationslehrerin bei Acem.

Aus dem Norwegischen übersetzt von Eirik Jensen.

Stichwort: frontpage-blog