- drei weit verbreitete Mythen über Meditation
Beim Mittagessen auf der Arbeit berichten meine Kolleg:innen von ihren Urlaubsplänen. Als ich erzähle, dass ich im Sommer auf ein Meditationsretreat fahre, ist das Interesse einer Kollegin geweckt.
Ich verrate ihr, die wie ich die Bezeichnung „Managerin“ im Jobtitel trägt und zwei kleine Kinder hat, nicht, wie viele Stunden ich dort meditieren werde, aber ich erwähne, dass ich auch an allen anderen Tagen im Jahr meditiere – jeweils entweder eine Dreiviertelstunde oder zweimal eine halbe Stunde. Meine Kollegin meint, sie habe vor vielen Jahren Meditation ausprobiert, es aber nicht geschafft, dranzubleiben.
Schon sind wir bei den drei häufigsten Mythen zum Thema Meditation.
Mythos Nummer 1: Ziel der Meditation ist es, sich zu entspannen
FALSCH.
Auf die Frage, welche Meditationsform meine Kollegin ausprobiert hat, erzählt sie von einer geführten Gruppenmeditation, die an einem Nachmittag unter der Woche stattfand. Es sei ihr nicht gelungen, sich zu entspannen, denn sie konnte nicht umsetzen, was der Lehrer ihr sagte. Daraus schloss sie, dass sie nicht in der Lage war, zu meditieren. Sie konnte es einfach nicht!
Dies ist eines der größten Missverständnisse, wenn es um Meditation geht: zu glauben, die Aufgabe der Meditierenden bestehe darin, sich aktiv zu entspannen. Zum Glück ist das bei Acem-Meditation anders, denn was könnte stressiger sein, als sich in der nächsten halben Stunde entspannen zu müssen? In der Acem-Meditation lautet die einzige Vorgabe: den Meditationslaut so leicht und mühelos zu wiederholen, wie es uns in jenem Moment möglich ist. Die Entspannung kommt dann ganz von selbst als natürlicher Reflex - bewusst oder unbewusst.
Mythos Nummer 2: Ziel der Meditation ist es, den Kopf freizubekommen
FALSCH.
Dass meine Kollegin glaubt, sie sei nicht in der Lage, zu meditieren, liegt wahrscheinlich daran, dass ihr an jenem Nachmittag vieles durch den Kopf gegangen ist. Vielleicht war sie in Gedanken ganz absorbiert, während sie versuchte, die Anweisungen des Meditationslehrers zu befolgen. Offenbar entsprach das, was sich in jenem Moment in ihrem Innern abspielte, nicht dem, was sich laut Meditationsanleitung in ihrem Innern abspielen sollte.
In der Acem-Meditation sind alle Gedanken erlaubt. Du darfst alles denken, fühlen und erleben. ALLES. Schlaf darf kommen, Träume dürfen kommen. Alles, was neben der aktiven Wiederholung des Meditationslautes in der Meditation auftaucht, wird als Spontanaktivität bezeichnet (SPA). Die Abkürzung ist ziemlich treffend, denn „Spa“ steht im Allgemeinen für Wellness - in diesem Falle Wellness für den Geist. Beim Meditieren werden unverarbeitete Reste spontan freigesetzt. Durch die Freisetzung kann Unerledigtes verarbeitet werden, im Geist wird gewissermaßen aufgeräumt.
Das Zusammenspiel von dem, was du tust (Wiederholen des Meditationslautes so leicht und mühelos, wie es dir möglich ist), und dem, was spontan passiert (Freisetzung von SPA), setzt einen Verarbeitungsprozess in Gang, der zu tiefer Entspannung führt.
Mythos Nummer 3: Ich brauche zum Meditieren eine App oder jemanden, der die Meditation anleitet
FALSCH.
In der Acem-Meditation bedarf es weder einer Anleitung durch jemanden noch einer App.
Am besten eignet sich zum Meditieren ein abgedunkelter Raum mit möglichst wenig Geräuschen. Dein Sitzplatz sollte bequem sein. Falls es nicht anders geht und du doch in einer hellen und lauten Umgebung, z.B. im Flugzeug, meditieren willst, können Ohrstöpsel und Schlafmaske hilfreich sein. Du kannst dir einen altmodischen Wecker stellen, deine Armbanduhr oder dein Handy benutzen. Kurz: Hast du die Technik erst einmal erlernt, brauchst du nur noch dich selbst.
Wer einen Grundkurs besucht hat, kann im Prinzip ein Leben lang allein meditieren. Die meisten jedoch schätzen es sehr, andere Meditierende zu treffen - um ihre Meditationserfahrungen zu teilen, um die der anderen zu hören, um mehr über Meditationspsychologie zu erfahren und so schließlich besser zu meditieren.
Zusammenfassung
Jede und jeder kann Acem-Meditation praktizieren. Bei dieser Methode tritt eine Entspannung ein – als natürliche Reaktion auf die unangestrengte Wiederholung des Meditationslautes, und nicht, weil wir entspannen wollen. Acem-Meditation ist eine nicht-zielgerichtete Meditationstechnik, bei der alles, was im Geist auftaucht, so sein darf, wie es sich zeigt - was auch immer es sein mag. Ziel der Acem-Meditation ist nicht, frei von Gedanken zu sein. Im Gegenteil: Die Verarbeitung im Geist findet dadurch statt, dass die Gedanken frei fließen können und wir ihnen, solange wir nicht in Gedanken absorbiert sind, mit einer freien inneren Haltung begegnen.
Wer die Acem-Meditation einmal erlernt hat, kann im Prinzip für den Rest des Lebens alleine meditieren, denn es braucht nicht mehr als sich selbst und ein bisschen Zeit. Für die meisten Meditierenden ist es jedoch bereichernder, sich mit anderen Meditierenden über ihre Erfahrungen auszutauschen.
Nicht wenige meinen, dass Meditation nichts für sie sei – entweder aufgrund früherer Erfahrungen mit anderen Meditationstechniken oder weil sie bestimmte Vorstellungen über Meditation haben. Doch gerade für sie könnte Acem-Meditation die Meditationsform sein, die am besten für sie geeignet ist, meine Kollegin eingeschlossen.
Von Elisabeth Heimdal Wærsted – Acem-Meditationslehrerin
Translated by Eirik Jensen und Vera Kühn